Verwendung von Tankkarten: EuGH sieht erneut Kreditgewährung statt Reihengeschäft

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 15. Mai 2019 entschieden, dass Mineralölgesellschaften respektive die Tankkartenemittenten die Befähigung, über den Kraftstoff wie ein Eigentümer zu verfügen, nicht auf ein weiteres Unternehmen übertragen können.

Im Urteilsfall waren vier Unternehmen beteiligt: die Mineralölgesellschaft, der Tankkartenemittent, der Vertragspartner des Tankkartenemittenten VP und TU, ein Tochterunternehmen von VP. VP organisierte als Servicegesellschaft die Abrechnung der Tankkarten und stellte diese dem TU bereit. TU setzte bei der Betankung von zu überführenden Fahrzeugen die Tankkarte ein, die Abrechnung erfolgte durch den Tankkartenemittenten gegenüber VP und dieser berechnete den Aufwand weiter.

Nach Auffassung des EuGH hat VP allerdings keine Verfügungsmacht über den Kraftstoff und kann daher keine Kraftstofflieferungen an TU vornehmen. Der EuGH begründet seine Sichtweise damit, dass TU den Kraftstoff nach eigenem Ermessen direkt bei den Tankstellenbetreibern kaufen kann. Deshalb habe tatsächlich TU die Entscheidungsbefugnis über die Modalitäten des Kraftstoffkaufs, könne also wählen, wo, wann, wieviel und was getankt sowie wie der Kraftstoff verwendet werde.

Auf dieser Grundlage stuft der EuGH die Bereitstellung von Tankkarten durch VP für ihre Tochtergesellschaft als von der Mehrwertsteuer befreite Kreditgewährung und nicht als eine Kraftstofflieferung ein. Dies hat zur Folge, dass VP die Umsatzsteuer aus den Kraftstofflieferungen an TU schuldet und in den Rechnungen unberechtigt Umsatzsteuer ausgewiesen hat, aus denen TU kein Vorsteuerabzug zusteht.

Die Finanzverwaltung beurteilt entsprechende Sachverhalte, entgegen einem ähnlichen Urteil des EuGH, seit Jahren als Liefergeschäft in Form eines sog. Reihengeschäfts. Bedingung hierfür ist laut Finanzverwaltung, dass die Verträge zwischen den Beteiligten in der Kette den Anforderungen eines Kaufvertrags genügen. Die bisherige Lösung über ein Reihengeschäft bot national und grenzüberschreitend eine einheitliche Lösung an. Diese Praktikabilität ist im Rahmen eines Vermittlungsmodells nicht abbildbar. Abzuwarten bleibt, ob die Finanzverwaltung auch nach dem nunmehr ergangenen EuGH-Urteil an ihrer Sichtweise festhält, diese als Liefergeschäfte einzuordnen.

zurück