E-Invoicing – Entwicklung in Deutschland und im europäischen Vergleich

E-Invoicing – das Ausstellen von Rechnungen im elektronischen Format – schreitet in vielen EU-Ländern immer weiter voran. Auch die deutsche Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die Absicht bekundet, E-Invoicing bundeseinheitlich verpflichtend einzuführen, jedoch gibt es bis dato noch keine konkreten Umsetzungspläne für dieses Vorhaben. Allerdings lassen sich durch einen internationalen Vergleich mit Vorreitern wie Italien bereits verschiedene Handlungsalternativen aufzeigen. 

Das Ausstellen von Rechnungen im elektronischen Format, das sog. „E-Invoicing“, gewinnt insbesondere durch die Absichtserklärung der Bundesregierung, ein solches System einheitlich einführen zu wollen, in Deutschland immer mehr an Relevanz.

Grundsätzlich versteht man unter dem Begriff der sog. „E-Rechnung“ jede Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt, übertragen und empfangen wird. Der Übertragungsweg, wie E-Mail oder Webservice, spielt keine Rolle. Jedoch gilt eine in Papierform erstellte Rechnung, die in ein elektronisches Format umgewandelt und beispielsweise als PDF per E-Mail versendet wird, nicht als E-Rechnung.

Für die Finanzverwaltung hat E-Invoicing im Rahmen der Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug einen hohen Stellenwert, aber auch Unternehmen würden von der Einführung profitieren, denn E-Invoicing verschlankt und digitalisiert die gesamte Rechnungsstellung und alle damit verbundenen Prozesse.

Konkrete und einheitliche Vorgaben und Pläne vonseiten der Bundesregierung gibt es allerdings trotz dieser Vorteile bisher nicht. Zwar wurde im sog. „Business-to-Government-Bereich“ für Leistungen an den Bund die E-Rechnung bereits verpflichtend eingeführt, unterschiedliche Regelungen auf Landesebene führten hier aber bislang eher zu einem Durcheinander als zu einer Erleichterung. Als Standard für die Rechnungsstellung von Unternehmen an den Bund ist die sog. „XRechnung“ eingeführt worden. Hierbei handelt es sich um eine Rechnung im XML-Format, also einen reinen Datensatz, der nur maschinell lesbar ist.

Möglich und denkbar für die weitere Ausweitung der E-Invoicing-Pflicht wäre demgegenüber auch die Nutzung eines hybriden Formates. Ein Beispiel hierfür ist das in der freien Wirtschaft eingeführte und weiter verbreitete Format „Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland“ (ZUGFeRD), bei dem strukturierte Rechnungsdaten im XML-Format in ein PDF-Dokument integriert werden. Auf diese Art und Weise kann die erstellte E-Rechnung von Menschen und Maschinen gleichermaßen gelesen und wahlweise zum Teil oder vollständig automatisiert weiterverarbeitet werden. Der Versand kann zudem auf verschiedenen Wegen erfolgen, beispielsweise als E-Mail oder über eine Schnittstelle.

Während in Deutschland bislang noch kein einheitliches System für alle Rechnungen und Wirtschaftssubjekte geschaffen werden konnte, sind andere EU-Länder schon deutlich weiter, was die Verpflichtung zur Ausstellung von E-Rechnungen betrifft.

Grundsätzlich lassen sich dabei zwei verschiedene Modelle unterscheiden:

1) Im sog. „Clearance-Modell“ (auch „V-Modell“) müssen Rechnungssteller ihre E-Rechnungen zunächst an die Steuerbehörde versenden. Die Rechnungsdatensätze werden dann entweder von der Finanzbehörde selbst oder einem Dienstleister validiert und ggf. digital signiert an den Rechnungssteller zurückgeschickt. Möglich ist auch die direkte Weiterleitung an den Rechnungsempfänger. Mithilfe eines solchen Systems wäre die sofortige Berechnung, Übermittlung und Anmeldung der Steuerschuld durch das Finanzamt möglich.

2) Dem gegenüber steht das sog. „Y-Modell“, bei dem die E-Rechnung auch über private Kanäle übermittelt werden kann. Geschieht dies, muss die E-Rechnung dann in einem zweiten Schritt noch zusätzlich an die Finanzverwaltung übermittelt werden.

Im EU-Vergleich nimmt besonders Italien im Bereich der E-Rechnung eine Vorreiterrolle ein. Bereits seit dem 1.1.2019 müssen dort alle Rechnungen in den Bereichen Business-to-Business (B2B) und Business-to-Consumer (B2C), die von ansässigen Unternehmern ausgestellt werden, als E-Rechnung versendet werden. Dies geschieht über das sog. „Sistema di Interscambio“ (SdI), einen zentralen Server der Finanzverwaltung (V-Modell). Die Rechnungen werden durch das SdI hinsichtlich verschiedener Merkmale geprüft, beispielweise der Gültigkeit bestimmter Daten (z.B. der Steuernummer) oder des Vorhandenseins aller notwendigen Informationen. Das SdI stellt die Rechnung im Anschluss daran dem Rechnungsempfänger zu. Seit dem 1.7.2022 ist es zudem verpflichtend, für Ein- und Ausgangsrechnungen aus dem Ausland selbst eine elektronische Rechnung zu erstellen, die der erhaltenen/versendeten Rechnung entsprechen muss. Diese sog. „self invoice“ muss elektronisch generiert und an das SdI zugestellt werden. Da ausländische Unternehmen keinen Zugang zur SdI-Plattform haben, muss ihnen für Ausgangsrechnungen zusätzlich eine Rechnung in Papierform ausgestellt werden.

Auch in Frankreich sind bereits konkrete E-InvoicingRegularien geplant. So soll ab dem 1.7.2024 die obligatorische Einführung schrittweise und abhängig von der Unternehmensgröße erfolgen. Die Unternehmen können dabei selbst wählen, ob sie die öffentliche Plattform „Chorus Pro“ oder einen zertifizierten privaten Anbieter nutzen wollen (Y-Modell). Betroffen sind hiervon grundsätzlich zunächst nationale B2B-Geschäfte. Zudem soll die elektronische Berichterstattung, das sog. „E-Reporting“, für B2C- und grenzüberschreitende B2B-Geschäfte eingeführt werden.

In Polen ist es seit dem 1.1.2022 möglich, freiwillig E-Rechnungen zu versenden. Auch hier wird, wie in Italien, ein V-Modell verwendet. Die Rechnungen werden in strukturierter Form im XML-Format ausgestellt und über die zentrale Plattform „Krajowy System e-Faktur“ (KSeF) versendet. Zunächst war die verpflichtende Einführung ab dem 1.1.2023 geplant, diese Pläne wurden nun aber um ein Jahr auf den 1.1.2024 verschoben.

Weitere EU-Länder, wie beispielsweise Belgien, Lettland, Spanien, die Slowakei, Rumänien oder Portugal, sind ebenfalls bereits dabei, die E-Rechnung verpflichtend einzuführen oder haben zumindest konkrete Pläne. Auch wenn es auf EU-Ebene Bemühungen gibt, die Einführung der E-Rechnung auch EU-einheitlich weiter voranzutreiben und die Systeme der einzelnen Länder ggf. einander anzupassen – die Initiative „VAT in the Digital Age“ ist momentan mit diesen Bemühungen betraut –, ist in dieser Hinsicht allerdings wenig Konkretes geschehen. Bisher entwickeln die Länder jeweils nationale Lösung. 

FAZIT: Noch ist in Deutschland keine klare Linie bezüglich des E-Invoicing erarbeitet worden, allerdings lassen sich durch den Vergleich mit anderen EU-Ländern bereits mögliche Ausprägungen ableiten; mit den Formaten XRechnung und ZUGFeRD existieren zudem schon zwei verschiedene technische Ressourcen zur E-Rechnungsstellung. Unternehmer tun gut daran, sich bereits jetzt auf die kommenden Herausforderungen der Digitalisierung der Prozesse vorzubereiten.

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