27.02.2023

Stiftungsrechtsreform – Handlungsempfehlungen für Bestandsstiftungen

Durch die Stiftungsrechtsreform wird der bisher in den Landesstiftungsgesetzen vorzufindende regulatorische Flickenteppich durch eine bundesweite Vereinheitlichung im BGB abgelöst. Die im Wesentlichen zum 01.07.2023 in Kraft tretende Stiftungsrechtsreform betrifft nicht nur Stiftungen, die nach diesem Datum errichtet werden, sondern auch alle bestehenden Stiftungen. Nachfolgend werden die wesentlichen Änderungen durch die Stiftungsrechtsreform und der Handlungsbedarf für bereits bestehende Stiftung (Bestandsstiftungen) dargestellt.

Wesentliche Änderungen durch die Stiftungsrechtsreform
Als wesentliche Änderungen sind hervorzuheben:
  • Die „Business Judgement Rule“ wird auch für die Stiftung eingeführt. In Anlehnung an § 93 AktG kann die Haftung von Stiftungsorganmitgliedern so beschränkt werden.
  • Es werden die bisher schon im Stiftungsrecht verwendeten Begriffe „Grundstockvermögen“ und „sonstiges Vermögen“ gesetzlich definiert. Zur Vermögensverwaltung werden gesetzliche Klarstellungen getroffen. Eine gesetzliche Neuregelung erlaubt nunmehr auch, dass Stiftungen ihre Zuwächse aus der Umschichtung des Grundstockvermögens zur Zweckverwirklichung einsetzen können.
  • Änderungen der Satzung werden künftig je nach konkreter Satzungsregelung unterschiedlichen Voraussetzungen unterworfen. Dies stellt insofern eine Verschärfung gegenüber dem bisherigen Recht dar, als bisher schlicht auf den (objektivierten) Stifterwillen abgestellt wurde.
  • Die (Selbst-)Auflösung und die (behördliche) Aufhebung notleidender Stiftungen ist unter erleichterten Voraussetzungen möglich.
  • Ein öffentlich zugängliches Stiftungsregister wird ab 2026 alle in Deutschland ansässige Stiftungen enthalten und hierdurch insbesondere einen vereinfachten Nachweis der Vertretungsbefugnis erlauben. Auch die Stiftungssatzungen werden in Zukunft dort veröffentlicht.
Ein etwaiger Anpassungsbedarf für Bestandsstiftungen besteht vor allem für die Regelungen, die künftig bundeseinheitlich abschließend und zwingend gesetzlich im BGB geregelt sein werden, wie die Maßnahmen zur Änderung der Stiftungsstruktur insb. Satzungsänderungen und Neuregelungen zur Vermögensverwaltung. 
Neuerungen zur Verwaltung des Grundstockvermögens
Für Bestandsstiftungen sind in Bezug auf einen zeitnahen aktuellen Handlungsbedarf die Neuregelungen zur Verwaltung des Grundstockvermögens relevant. Gesetzlich festgelegt wird, dass das Grundstockvermögen ungeschmälert zu erhalten und der Stiftungszweck mit den Nutzungen aus dem Grundstockvermögen zu erfüllen ist. Durch die Reform hat der Gesetzgeber den stiftungsrechtlichen Grundsatz der Vermögenserhaltung erstmals bundesrechtlich normiert. Für Bestandsstiftungen insbesondere relevant ist die Einführung des § 83c Abs. 1 Satz 3 BGB n.F.. Hier hat der Gesetzgeber aufgrund der vergangenen Erfahrung einer langanhaltenden Niedrigzinsphase im Gesetz die Möglichkeit implementiert, dass Stiftungen ihre Zuwächse aus der Umschichtung des Grundstockvermögens zur Zweckverwirklichung einsetzen können, soweit dies durch die Satzung nicht ausgeschlossen wurde und die Erhaltung des Grundstockvermögens gewährleistet ist. Es wird also nunmehr ein zeitweiser Verbrauch des Grundstockvermögens zur Erfüllung des Stiftungszwecks erlaubt. Sofern Satzungen von Bestandsstiftungen hier keine flexiblen Regelungen vorsehen, besteht das Risiko, dass die Neuregelungen nicht in Anspruch genommen werden können.
Neuerungen zu Satzungsänderungen 
Die für Bestandsstiftungen bedeutsamste Gesetzesänderung betrifft die Regelungen zur Satzungsänderung. Die in der bisherigen landesgesetzlichen Ausgestaltung und Handhabung durchaus unterschiedlichen Regelungen zu Änderungen der Stiftungssatzung werden nun ebenfalls bundeseinheitlich geregelt (§§ 85 bis 85b BGB n.F.). In § 85 Abs. 1 bis 3 BGB n.F. ist ein dreistufiges System vorgesehen, welches absteigend nach Eingriffsintensität der Satzungsänderung in das Wesen der Stiftung immer geringere Anforderungen an die Satzungsänderung stellt. Die Regelungen zur Satzungsänderung sind in Zukunft nur für den Stifter im Stiftungsgeschäft dispositiv, das heißt es besteht nur für den Stifter die Möglichkeit, die gesetzlichen Neuregelungen zu Satzungsänderungen zu beschränken, auszuschließen oder abweichend auszugestalten. Da der Stifter von Bestandsstiftungen bei Stiftungserrichtung hiervon naturgemäß keinen Gebrauch gemacht haben dürfte, gilt somit auch für bestehende Stiftungen in Zukunft das (durchaus strenge) dreistufige Konzept.
Während der Stifter eine erschwerte Änderung der Stiftungssatzung – sowohl durch die Stiftungsorgane als auch durch die Stiftungsbehörden – hiernach ohne weiteres regeln kann, ist eine erleichterte Änderbarkeit nur durch Stiftungsorgane möglich und setzt voraus, dass der Stifter Inhalt und Umfang von möglichen Satzungsänderungen bereits „hinreichend bestimmt“ festgelegt hat (§ 85 Abs. 4 S. 3 BGB n.F.).
Bis zum 01.07.2023 können Bestandsstiftungen ihre Satzungen noch nach den alten, landesrechtlichen Regelungen anpassen. Eine zeitnahe Überprüfung ist daher dringend geboten.
Handlungsbedarf für bestehende Stiftungen 
Bestandsstiftungen sollen ausweislich der Materialien zur Reformgesetzgebung bis zum 01.07.2023 „ausreichend Zeit“ haben, um ihre Satzungen anzupassen und sich auf das neue Recht einzustellen. Damit stellt sich allen Bestandsstiftungen die Frage nach dem konkreten Handlungsbedarf jetzt vor Inkrafttreten. Letztlich verbliebt nunmehr nicht mehr viel Zeit für ggfs. erforderliche Anpassungen von Stiftungssatzungen, da auch mit einer längeren Bearbeitungszeit bei den Stiftungsbehörden zu rechnen ist. Für bestehende Stiftungen ist insbesondere zu prüfen, wie ihre Satzungen mit den Neuregelungen der Stiftungsrechtreform im Verhältnis stehen und ob Anpassungsbedarf gewünscht wird bzw. erforderlich ist. Da der Prozess der Satzungsänderung allerdings auch einige Zeit in Anspruch nehmen kann, ist nunmehr Eile und sorgsame Satzungsüberprüfung und ggfs. Anpassung gleichermaßen geboten.

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